UFC 214 Jones erneut Champion, Siege für Cyborg und Woodley
Letzte Nacht war es soweit. Im Honda Center in Anaheim/Kalifornien traf sich die Crème de la Crème der MMA-Welt. Die Fans vor Ort und hinter den Bildschirmen durften sich auf die beste Main Card seit langer Zeit freuen, welche mit nicht weniger als 3 Titelkämpfen gespickt war. Cris Cyborg wollte sich gegen Tonya Evinger ihren ersten UFC-Titel sichern, Tyron Woodley musste seinen Gürtel gegen Demian Maia verteidigen und im Main Event standen sich die Dauerrivalen Daniel Cormier und Jon Jones in einem lang ersehnten Gefecht um die Krone im Halbschwergewicht gegenüber. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen – und eines schon vorweg: sie wurden ohne jeden Zweifel erfüllt.
von Remo Kelm
Titelkampf im Federgewicht der Damen
Cris Cyborg vs Tonya Evinger
Was haben Cyborg-Fans in all den Jahren ihrer Dominanz nicht alles ertragen müssen?! Seit mittlerweile 12 Jahren ist die Brasilianerin aus der berüchtigten Chute-Box-Talentschmiede in Curitiba/Brasilien ungeschlagen und gilt eigentlich seit Jahr und Tag als „Baddest Woman on the Planet“. Ob Strikeforce oder Invicta. Sie ist durch die 145 lbs-Divisionen gepflügt wie eine Naturgewalt und hat die jeweiligen Gewichtsklassen regelrecht in Schutt und Asche gelegt. Leider blieb der wohl besten Kämpferin im MMA-Zirkus ein Erfolg in der größten MMA-Organisation der Welt leider verwehrt. Schließlich gab es nie eine Federgewichtsklasse in der UFC.
Temporäres Phänomen Rousey die einzige ernsthafte Gegnerin
Zwischenzeitlich trat eine ähnlich dominante Kämpferin namens Ronda Rousey auf den Plan, die ihrerseits in ebenso überlegener Manier durch das Feld der Herausforderinnen in ihrer Gewichtsklasse, dem Bantamgewicht, marschiert ist, wie Cyborg im Federgewicht. Wie wir mittlerweile jedoch alle wissen, ist der Mythos Ronda Rousey erst durch Holly Holm und später durch Amanda Nunes entzaubert worden. Das lang ersehnte Duell zwischen Cyborg und Rousey kam aus unterschiedlichen Gründen nie zustande. Rousey ist mittlerweile wieder von der Bildfläche verschwunden, Cyborg jedoch ist noch immer da. Inzwischen hat Onkel Dana (endlich, endlich, endlich muss man sagen) eine Federgewichtsklasse der Damen in der UFC kreiert. Der wahrscheinlich besten Fighterin der Welt wird nun also auch in der weltweit renommiertesten Organisation eine Plattform geboten und so wächst nach all den Jahren doch noch zusammen, was schon lange zusammen gehört.
UFC + Cyborg = Liebe mit Hindernissen
Ihre beiden ersten UFC-Kämpfe konnte Cyborg in beeindruckender Manier gewinnen und bekommt nun schlussendlich doch noch die Gelegenheit, den längst überfälligen, vakanten UFC-Gürtel um ihre Hüften schnallen zu können, den Germaine De Randemie nicht gewillt war, gegen sie zu verteidigen. Die ihrerseits seit nahezu 6 Jahren ungeschlagene Tonya Evinger allerdings dürfte damit nicht einverstanden sein. Auch wenn viele lieber das ursprünglich geplante Duell gegen Megan Anderson gesehen hätten. Evinger, die ehemalige Invicta-Titelträgerin im Bantamgewicht, die Ihren Gürtel extra für diese Gelegenheit in der UFC niederlegte, war wahrlich keine Laufkundschaft. Die Vorzeichen waren also klar. Cyborg war zwar die Favoritin, Evinger allerdings keineswegs zu unterschätzen.
Der Kampf
„If you havent seen Cris Cyborg fighting yet, prepare yourself for violence!“ Dieser Satz von Joe Rogan kurz vor Beginn der ersten Runde war bezeichnend für das, was sich kurz danach im Oktagon abspielen sollte. Schon in der ersten Runde gelang es Cyborg immer wieder, gute Treffer im Stand unterzubringen und Tonya Evinger hatte alle Hände voll zu tun, nicht noch mehr Schläge dieser Art zu kassieren. Das Bild setzte sich im zweiten Durchgang fort, in dem Cris Cyborg Evinger mit Headkicks, Legkicks und harten Händen eindeckte. Evinger, die fast ausschließlich in den Rückwärtsgang gedrängt wurde, hatte der „Baddest Woman on the Planet“ nichts entgegenzusetzen. Zwar zeigte sie erstaunliche Nehmerfähigkeiten, der Vielzahl an Treffern jedoch musste „Triple Threat“ Evinger schon in dieser zweiten Runde Tribut zollen. In der dritten Runde kam dann, was sich bereits seit dem ersten Rundensignal angedeutet hatte. Nach harten Treffern und einem schweren Knie im Infight war die Frau aus Houston/Texas außerstande, den Kampf fortzusetzen, was den Referee dazu veranlasste, den Kampf nach 1:56 in der 3 Runde abzubrechen.
And neeewww…
Cris Cyborg wirkte äußerst konzentriert, war Tonya Evinger in allen Belangen überlegen und darf sich folgerichtig nun den Federgewichtstitel der UFC um die Hüften schnallen. Dass der Kampf bis in die dritte Runde ging, täuscht über Cyborgs Überlegenheit eigentlich etwas hinweg. Evinger hatte ihr während des kompletten Kampfes nichts entgegenzusetzen und letztlich muss man hier einen wahren Klassenunterschied konstatieren. Cris Cyborg ist damit endgültig in der UFC und auf dem Gipfel ihrer Karriere angekommen.
Sieg Cyborg TKO knees 3. Runde 1:56
Titelkampf im Weltergewicht
Tyron Woodley (C) vs Demian Maia
Im Co-Main Event der Veranstaltung sah sich Weltergewichtschampion Tyron Woodley in seiner dritten Titelverteidigung dem vielleicht besten BJJ-Kämpfer gegenüber, der je ein Oktagon betreten hat. Der seit 7 Kämpfen ungeschlagene Brasilianer Demian Maia, der im Spätherbst seiner Karriere nochmal zu den Sternen greifen wollte, war Woodleys Gegner. Mit Siegen gegen so illustre Namen wie Neil Magny, Gunnar Nelson, Jorge Masvidal, Matt Brown und Carlos Condit hatte sich Maia die Chance auf den Titel redlich verdient. Für den gefürchteten Submission-Spezialisten war dies sehr wahrscheinlich die letzte Chance, den Thron im Weltergewicht zu besteigen. Mit zuletzt 5 ungeschlagenen Kämpfen und dem Titel im Rücken ging allerdings auch „The chosen One“ entsprechend selbstbewusst in den Kampf. Die Vorzeichen versprachen ein hoch interessantes Gefecht. Doch konnte das Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten diesen Erwartungen auch gerecht werden?
Der Kampf
Bereits im Vorfeld war klar, wo Maias Stärken liegen und dass er versuchen würde, den Kampf auf den Boden zu verlagern. So konnte es dann auch nicht überraschen, dass er den Titelverteidiger von Beginn an mit Takedownversuchen eindeckte. Was jedoch sehr wohl überraschte, war, dass Woodley alle dieser mehr als 20 (!) Versuche abwehren konnte. Maias Taktik war von Anfang bis Ende nur auf dieses eine Ziel ausgerichtet, Woodley zu Boden zu bringen, was ihn für den Titelverteidiger jedoch sehr berechenbar machte. Schnell hatte sich „The chosen One“ darauf eingestellt und lauerte ein ums andere Mal darauf, Maia mit harten Händen im Stand abkontern zu können, was ihm von Zeit zu Zeit auch recht gut gelang.
Und so zog sich der Kampf wie Gummi über die vollen 5 Runden. Einzig, als Woodley in der zweiten Runden einen Knockdown verbuchen konnte, lag kurzzeitig ein vorzeitiges Ende in der Luft. Schnell jedoch besannen sich beiden Kontrahenten wieder auf ihre Taktiken. Maia versuchte einen Takedown nach dem anderen, Woodley wehrte alle (!) ab und verließ sich auf seine Konterstärke im Schlagabtausch. Die Zuschauer in der Halle waren mit diesem vergleichsweise ereignisarmen Kampfverlauf nicht einverstanden und machten Ihrem Unmut durch laute Pfiffe und „Boring,
boring“-Rufe Luft. Letztlich gewann Woodley den Kampf zu Recht einstimmig nach Punkten und
verteidigte seinen Weltergewichtstitel. Der Pfiffe zum Trotz muss man Woodley zugestehen, sich exzellent auf diesen Kampf vorbereitet zu haben. Eine erstklassige TD-Defense und ein disziplinierter Gameplan sicherten ihm diesen Erfolg.
Sieg Tyron Woodley UD 5. Runden
Titelkampf im Halbschwergewicht
Daniel Cormier (C) vs Jon Jones
Was soll man zu diesen zwei Männern noch sagen? Seit dem letzten Kampf der beiden am 3. Januar 2015 bei UFC 182 gab es praktisch keine Beleidigung, die Jones und DC nicht ausgetauscht hätten. Seit nunmehr 2,5 Jahren zischten in regelmäßigen Abständen immer wieder Giftpfeile zwischen den beiden Lagern hin und her. Die Animositäten zwischen Cormier und „Bones“ Jones hatten ein Level erreicht, welches sogar fast schon die damalige Rivalität zwischen Tito Ortiz und Ken Shamrock in den Schatten stellte. Die Gemüter waren nicht nur erhitzt, sie kochten bereits über. Zweimal schon kam ein Rückkampf der beiden in der Zwischenzeit aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande, was die Atmosphäre zusätzlich vergiftete und so wurde in schöner Regelmäßigkeit weiteres Öl ins Feuer gegossen.
Keine Gegner für DC und „Bones“ Jones
Nach schier endlosen 30 Monaten kam es nun also zu dem mit Spannung erwarteten Rematch zwischen Cormier und Jones, den klar besten Halbschwergewichtlern der Welt. Die Vorzeichen waren dieses Mal allerdings andere. Jetzt war Cormier der Titelträger und Jones der Jäger. DC, der spätestens nach seinen Siegen gegen Gustafsson und „Rumble“ Johnson praktisch keine ernstzunehmenden Gegner mehr im LHW hatte, wollte sich mit einem Sieg gegen Jones für seine Niederlage im ersten Aufeinandertreffen der beiden rehabilitieren, sein „Jones-Trauma“ endlich erfolgreich therapieren und mit diesem Triumph das letzte fehlende Puzzleteil erkämpfen, welches das Bild seiner Legacy vervollständigt. Jones seinerseits war eine Wundertüte. Ein unspektakulärer Punktsieg gegen Ovince Saint-Preux war sein einziger Auftritt im Oktagon seit diesem 3. Januar 2015. Zwar ist Jones‘ Talent nach wie vor unbestritten, wie würde sich jedoch eine solch lange Pause auf seine Leistung auswirken und würden die beiden Streithähne ihren Zwist nach der Schlußsirene ad acta legen? Dies waren die großen Fragezeichen über dem Kampf.
Der Kampf
Die erste Runde dieses langersehnten Duells begann mit einem überaus aggressiven Jon Jones, der Titelverteidiger Cormier stark unter Druck setzte. Dieser hatte sich allerdings ebenfalls schnell aklimatisiert, hielt dem anfänglichen Ansturm stand und konnte seinerseits gute Treffer setzen. Jones arbeitete mit vielen Oblique-Kicks, konnte seinen Dauerrivalen damit streckenweise recht gut auf Distanz halten und so endete diese erste Runde mit leichten Vorteilen für Jon Jones. Im zweiten Durchgang fand Titelverteidiger Cormier etwas besser in den Kampf, trieb Jones vor sich her und konnte einige harte Hände unterbringen. Zwar hatte auch „Bones“ Jones ein paar gute Szenen, war allerdings eher im Rückwärtsgang unterwegs und musste sich im Vergleich mit einer etwas schwächeren Runde zufrieden geben.
High Kick aus dem Nichts
Die dritte Runde begann ähnlich, wie die zweite endete. DC wirkte selbstbewusst, machte den Kampf und drängte Jones wiederum ein ums andere Mal in die Defensive. Es schien, als ob Cormier auf einem guten Weg sei, die Führung auf den Punktezetteln zu übernehmen. Doch wie so oft kam alles anders. Als Cormier Jones Richtung Käfigrand drängte, packte dieser einen überraschenden linken Highkick aus, der Cormier am Kopf traf. Dies war der Anfang vom Ende, DC war sichtlich angeklingelt, was auch Jones nicht verborgen blieb, der die Chance witterte, den Kampf zu beenden. Cormier taumelte benommen durch den Ring und versuchte, sich den heranstürmenden Jon Jones vom Leib zu halten. Allerdings war der Titelverteidiger bereits nicht mehr Herr seiner Sinne, weshalb er die Balance verlor und zu Boden ging. Jones setzte nach und feuerte aus allen Rohren auf den am Boden kauernden Cormier. Nach 3:01 min hatte Referee-Legende John McCarthy genug gesehen und brach den Kampf ab.
Jon Jones kann sich nach einer äußerst turbulenten Zeit endlich wieder „seinen“ LHW-Gürtel umschnallen. Für einen enttäuschten und niedergeschlagenen Daniel Cormier setzt sich das Jones-Trauma trotz einer guten Leistung weiter fort und es bleibt abzuwarten, wie es mit ihm weitergeht. Das Highlight der Veranstaltung setzt der neue alte Champion Jon Jones nach dem Kampf, als er noch im Oktagon während des Interviews mit Joe Rogan trotz aller Rivalität in höchsten Tönen überaus versöhnlich über Daniel Cormier als Mensch und Sportler sprach. Eine große Geste eines großen Champions. Als kleine Randnotiz sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass Jones im gleichen Interview öffentlich seine Herausforderung an Brock Lesnar untermauerte.
Sieg Jon Jones KO 3. Runde 3:01
GFN sagt:“Congratulations Jon Jones!“ Für eine starke sportliche Leistung und eine große menschliche Geste.
Natürlich sollen auch die beiden anderen Kämpfe der Main Card an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Zum Auftakt standen sich zunächst die Nummer drei der Halbschwergewichtsrangliste, „Posterboy“ Jimi Manuwa und der an Nummer 5 gerankte schweizer Senkrechtstarter Volkan Özdemir gegenüber, welcher kurzen Prozess machte und Manuwa in nicht mal einer Minute ausknockte. Desweiteren hatte es Ex-Weltergewichtschampion Robbie Lawler mit UFC-Veteran Donald „Cowboy“ Cerrone zu tun. In einem hitzigen Gefecht hatten die Punktrichter am Ende Lawler vorne. Eine Entscheidung, die vom Publikum mit einem gellenden Pfeiffkonzert quittiert wurde.