Von Remo Kelm
Jetzt wo der Kampf zwischen Conor McGregor und Floyd Mayweather in trockenen Tüchern ist, keimen sie wieder auf, die Diskussionen über die realistischen Chancen des großmäuligen Iren gegen „Money“ Mayweather.
Nun, das Gefecht der beiden Kontrahenten schlägt schon seit geraumer Zeit hohe Wellen und man wird den Eindruck nicht los, dass die beteiligten Parteien versuchen, dem zahlenden Kunden Sand in die Augen zu streuen, damit dieser nicht sieht, wieviel Geld er für das Ticket am 26. August in Las Vegas ausgibt. Die schillernden Persönlichkeiten der beiden Gegner und der astronomische Hype um den Kampf machen es dem geneigten Betrachter in der Tat schwer, sich nicht blenden zu lassen. Auch UFC-Präsident Dana White ist sichtlich bemüht, mit Hilfe von fadenscheinigen Argumenten McGregor zu einem ernsthaften Gegner hochzustilisieren. Mayweather ist erheblich älter als McGregor, hat seit 2015 nicht mehr gekämpft, während Conor in dieser Zeit überaus aktiv war. Außerdem sei dieser ja wesentlich größer als Floyd, der zudem oft Probleme mit Rechtsauslegern gehabt hätte.
Argumente?
Der Größenunterschied von wenigen Zentimetern kann kaum als signifikanter Faktor angesehen werden, das nur am Rande. Der Rest jedoch mag faktisch zwar richtig sein, doch ob diese Eckdaten den Einfluss auf den Kampfausgang haben, den Dana White gebetsmühlenartig zu propagieren versucht, darf bezweifelt werden. Als Hauptargument dient stets eine Komponente, die immer dann herangezogen wird, wenn alle sachlichen und rationalen Faktoren eine klare Sprache sprechen. Die berühmte Punchers Chance. Doch hat McGregor die überhaupt? Im MMA gilt der streitbare Ire zu Recht als einer der schnellsten und härtesten Puncher. Doch was sagt das im Hinblick auf einen Kampf gegen einen reinen Boxer aus? Wenn wir uns nämlich in Erinnerung rufen, wie abhängig sein Stil von seinem Movement und seinen Kicks ist, darf man sich getrost die Frage stellen, wie stark sein reines Boxen tatsächlich ist, wenn der Gegner unter Boxregeln keine Kicks fürchten muss. Einen Eindruck davon konnte man im ersten Kampf gegen Nate Diaz gewinnen, als dieser ihn boxerisch (!) in derartige Schwierigkeiten brachte, dass es McGregor vorzog, Diaz, den BJJ-Blackbelt, lieber zu Boden bringen zu wollen, als sich seinen Schlägen weiterhin auszusetzen.
Und damit kommen wir wieder zur Punchers Chance.
Vor dem Hintergrund der letzten Minuten des ersten Diaz-Kampfes drängt sich förmlich die Frage auf, wo diese Chance gegen einen Floyd Mayweather, seines Zeichens der vielleicht beste Defensivspezialist der Boxgeschichte, eigentlich herkommen soll. Hatten nicht auch Paquiao, Cotto, Alvarez, Mosley, Hatton, De La Hoya und all die anderen der Who is Who Liste der leichteren Gewichtsklassen mindestens diese berühmte Punchers Chance? Natürlich hatten Sie viel mehr als das und dennoch ist es keinem von ihnen gelungen, Mayweather vom Thron zu stürzen. Wenn Boxer einer solch erlesenen Qualität dies nicht bewältigen, wie soll das dann ein McGregor schaffen, der streckenweise nicht einmal mit Nate Diaz im reinen Boxkampf mithalten konnte? Erschwerend kommt hinzu, dass McGregor in einem Kampf nach Boxregeln zwei entscheidender Waffen beraubt wird. Seinen Kicks und seinem Movement. Die Bewegungsabläufe nämlich verändern sich erheblich, wenn keine Tritte erlaubt sind und der Gegner muss sich nicht ständig auf die drohende Gefahr gefasst machen, dass McGregor seinen Fuß in dessen Leber versenkt.
Nicht zum ersten Mal versuchen sich Kampfsportler, die in ihren Disziplinen als gute „Boxer“ galten, im reinen Boxen. Ray Sefo beispielsweise war im K-1 ein gefürchteter Striker. Er galt in dieser Art des Kampfsports als einer der besten Boxer seinerzeit. Seine Bilanz in einem Boxring? 5-1. Seine 5 Siege errang er gegen Gegner mit einem kombinierten Rekord von 12-19-1 (!). Der erste halbwegs solide Kontrahent mit einer vorzeigbaren Bilanz schlug ihn bereits in der ersten Runde KO. Ein anderer gefürchteter Puncher jener Zeit im K-1 war der Samoaner Mighty Mo. Der Mann, der unter anderem Gary Goodridge und Francois Botha unter K-1 Regeln durch KO besiegen konnte, versuchte sich ebenfalls im Boxring. Seine Bilanz? Zwei Siege gegen Gegner, die zusammen nicht ein einziges Mal gewonnen hatten. Kombinierte Bilanz der beiden…0-4. Die anderen beiden, die annähernd wussten, was sie taten, brachten Mo dann auch sogleich seine beiden Niederlagen bei.
Was ist die Moral von der Geschicht`?
Nicht-Boxer in einem Boxring…lohnt sich nicht!
Zumindest sportlich. Sefo und Mo waren beachtliche Boxer für K-1 Verhältnisse, die im Boxring schon von soliden Journeymen schnell entzaubert und desillusioniert wurden. Und jetzt kommt also Conor McGregor um die Ecke und will es in seinem ersten Profiboxkampf nicht nur mit irgendeinem Durchschnittsboxer aufnehmen, sondern gleich mit dem vielleicht besten, der jemals einen Ring betreten hat. Solange man hartnäckig das Märchen eines ausgeglichenen Kampfes oder zumindest der so viel gepriesenen Punchers Chance aufrechterhalten kann, wird diese Begegnung rein wirtschaftlich ein Mega-Erfolg für die beiden Protagonisten. Genau darauf ist die ganze Marketingmaschinerie mit all dem Säbelrasseln im Vorfeld aufgebaut und so soll es sein.
Sportlich allerdings, und dabei bleibe ich, hat diese Ansetzung null Aussagekraft und ist so notwendig wie ein Loch im Kopf.
Don’t believe the hype….