Bellator FC – Künftiger Marktführer oder Lachnummer?
Wie schön waren doch die guten alten Zeiten, in denen Pride FC dem Branchenprimus UFC große Marktanteile streitig machen konnte. Das japanische Pendant zur Ultimate Fighting Championship bot nicht nur ein Spektakel durch effektvolle Einmärsche der Protagonisten, auch die Qualität der Fighter und der damit verbundenen Kämpfe stieg schnell auf ein beachtliches Niveau. Nicht wenige Top-Stars der Branche konnten sich in dieser Organisation einen Namen machen und erlangten internationale Berühmtheit. Die Liste derer, die ihren exzellenten Ruf nicht zuletzt ihrer Pride-Zeit zu verdanken haben, liest sich wie eine Enzyklopädie der Mixed Martial Arts. Fedor Emelianenko, Mirko Crocop, Minotauro Nogueira, Wanderlei Silva, Rampage Jackson, Kazushi Sakuraba, Shogun Rua, Mark Hunt, Alistair Overeem und viele andere mehr lassen den MMA-Fan sehnsuchtsvoll mit der Zunge schnalzen.
Von Remo Kelm
Money, Money, Money!
Als Pride FC jedoch in der Portokasse der Fertitta-Brüder versickerte, verschwand der einzig ernstzunehmende Konkurrent der UFC sang- und klanglos von der Bildfläche, was die Position des in Las Vegas beheimateten Marktführers endgültig zementierte. Einige Organisationen haben im Laufe der Zeit mal mehr, mal weniger erfolgreich versucht, der UFC Paroli zu bieten. Allen jedoch ging früher oder später entweder die Luft aus, oder sie konnten sich einfach nicht auf allerhöchstem Level etablieren. Die schiere Übermacht der UFC, der Speerspitze in der MMA-Welt, zwang einen nach dem anderen in die Knie. Und wenn sich dann doch mal abzeichnete, dass sich einer der ambitionierten „Konkurrenten“ diesem Schicksal nicht beugen wollte, wie das berühmte gallische Dorf in den Asterix-Comics gegen die vermeintliche römische Überlegenheit, so traten die Brüder Frank und Lorenzo Fertitta auf den Plan, der lästigen Plage Herr zu werden, indem Sie diese in einer beispiellosen Gefräßigkeit einfach schluckten. Als Köder diente einmal mehr der schnöde Mammon und schon konnte die UFC seine Position als Quasi-Monopolist wieder einmal ausbauen.
Scott Coker der Messias?
Einer jedoch sollte sich als der Pickel auf Dana Whites Wange herausstellen, den er nicht mehr loswird. Wie ein zäher, ekliger Kaugummi am Schuh muss dem UFC-Impresario der ehemalige Strikeforce-Mogul Scott Coker vorgekommen sein, als dieser im Jahre 2014 als Präsident der bis dahin recht unscheinbaren Organisation Bellator FC vorgestellt wurde. Coker sollte also die Geschicke der Promotion lenken und an alte Strikeforce-Erfolge anknüpfen. Lange Zeit allerdings wurde dieses Unterfangen eher belächelt und White sowie die Fertittas konnten weiterhin ruhig schlafen. Und tatsächlich fiel es schwer, Bellator als seriöse MMA-Organisation ernst zu nehmen. Die Devise war offensichtlich, mit großen Namen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Im Main Event allerdings überalterte, abgehalfterte Ex-UFC-Stars gegeneinander antreten zu lassen, ist der Reputation nicht gerade zuträglich. Welchen Wert hat ein Kampf wie Ken Shamrock gegen Royce Gracie im Jahr 2016 beispielsweise? Beide um die 50 und von ihrer Prime so weit entfernt wie die Erde vom Mond. Auf Ansetzungen wie Shamrock vs Kimbo Slice oder Kimbo gegen einen übergewichtigen Backyard-Brawler namens Dada 5000 möchte ich gar nicht erst weiter eingehen. Erschwerend zu diesen peinlichen Begegnungen kommt hinzu, dass die Kampfausgänge teilweise äußerst merkwürdig anmuteten. Wer ein paar dieser Kämpfe gesehen hat, weiß was ich meine. Mit solchen Ansetzungen einen Main-Event zu bestücken, kommt einem sportlichen Offenbarungseid gleich. Damit gibt man sich der Lächerlichkeit preis und kann nicht erwarten, ernst genommen zu werden.
Lichtblicke
Der gute Scott Coker allerdings hat die Zeichen der Zeit offenbar erkannt und geht augenscheinlich mehr und mehr dazu über, Qualität statt alternder Stars einzukaufen. In jüngerer Vergangenheit jagt ein hochwertiger Einkauf den nächsten. Mit Benson Henderson, Matt Mitrione, Rory MacDonald, Ryan Bader, Lorenz Larkin und zuletzt Gegard Mousasi hat Coker Top-Level-Fighter unter Vertrag nehmen können. Auch Leute wie Cheick Kongo, Roy Nelson und Phil Davis sind durchaus noch als konkurrenzfähig zu betrachten. Coker hat also offenbar seinen Kurs geändert, was viele MMA-Fans (auch ich) sehr wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Ein großer Faktor, der Bellator und Coker sicher in die Karten spielt, ist die Unzufriedenheit der UFC-Kämpfer mit der Beschneidung ihrer Einnahmen durch den Reebok-Deal und die offensichtliche Ungleichbehandlung seiner Schützlinge durch Onkel Dana.
Wohin geht die Reise?
Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen. Scott Coker ist ein Segen für die MMA-Welt. Aktuell mehr als je zuvor. Und zwar, weil er wenigstens eine kleine Konkurrenz-Situation herstellt und langsam aber stetig am Bein des Thrones sägt, auf dem White und seine Mannen in teilweise unerträglicher Selbstgefälligkeit sitzen. Der UFC-Präsident treibt viele seiner Leistungsträger durch falsche Entscheidungen in die Arme Cokers, der diese Geschenke natürlich dankbar entgegen nimmt. Die Verpflichtung mehrerer Großkaliber in jüngster Vergangenheit bestätigt einen Trend, der sich spätestens seit dem verhassten Reebok-Deal abzeichnete. Die Leute sind unzufrieden mit der UFC und schauen sich nach Alternativen um. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich der Bellator-Kader qualitativ mehr und mehr verstärkt. Wenn sich dieser Trend etabliert und Bellator seine eigenen Top-Kämpfer wie Michael „Venom“ Page oder Michael Chandler halten kann, könnte sich mittelfristig eine Konkurrenzsituation ergeben, mit der sich Dana White seit Pride-Zeiten nicht mehr konfrontiert sehen musste. Eine alte Binsenweisheit besagt ja bekanntlich, dass Konkurrenz das Geschäft belebt und die MMA-Welt lechzt geradezu nach einer Organisation, die der UFC auf lange Sicht das Leben schwer machen kann. Scott Coker könnte eines Tages als der Messias im MMA-Himmel gefeiert werden, wenn er diesen Weg weitergeht. Qualität verpflichten statt 50-jähriger Ex-Stars.
Der Weg ist freilich noch weit und steinig, die ersten Schritte jedoch sind getan.